Gedichte

Hallo du da

Hallo du da
bleib mal stehen 

Hallo du da
lass mal sehen

Du da mit den Ringelsocken
Deine schwarzen Augen locken

Hallo du da
kleines Glück

Schau doch noch 
einmal zurück





Ich stehe manchmal neben mir

Ich stehe manchmal neben mir
und sage freundlich "Du" zu mir,

und sag', du bist ein Exemplar,
wie vorher vor dir keines war.

Du bist der Stern der Sterne,
das hör' ich nämlich gerne.



Pst!

Leiser noch als leise
zieht die Nacht herauf.
Träume gehen auf die Reise,
Weltraumschiffe ziehen Kreise, 
und der Mond nimmt seinen Lauf,
leiser noch als leise.




Muschellied

Zwei Muscheln, die lagen am Strande
und redeten hin und her,
von dem, was die Muscheln so reden,
von ihrer Heimat, dem Meer.

Sie konnten die Fische verstehen,
die Muscheln, sie waren nicht dumm.
Sie sprachen mit Seehund und Seestern,
für Menschen, da blieben sie stumm.

Sie sprachen von Flut und von Ebbe
Und manchem gefährlichen Riff.
Sie kannten auch viele Matrosen
Und manches gesunkene Schiff.



Heinrich Heine

Ein Jüngling liebt ein Mädchen

Ein Jüngling liebt ein Mädchen,
Die hat einen andern erwählt;
Der andre liebt eine andre,
Und hat sich mit dieser vermählt.

Das Mädchen heiratet aus ärger
Den ersten besten Mann,
Der ihr in den Weg gelaufen;
Der Jüngling ist übel dran.

Es ist eine alte Geschichte,
Doch bleibt sie immer neu;
Und wem sie just passieret,
Dem bricht das Herz entzwei.


Paul Pfeffer (1948)
Mädchengebetchen (1995)

Lieber Gott, der alles kann,
schenk mir einen schönen Mann.
Am liebsten hätt ich's, wenn er wär
wie Papi und mein Teddybär.

Kräftig soll er sein und still
und das tun, was ich wohl will.
Außerdem wär's ziemlich nett,
wenn er 'ne Menge Kohle hätt.

Kannst du das behalten, ja?
Bist du überhaupt noch da?
Und merk dir endlich meinen Namen!
Morgen bet ich wieder. Amen!




Rainer Maria Rilke  (1975-1926)
Der König von Münster (1908)


Der König war geschoren;
nun ging ihm die Krone zu weit
und bog ein wenig die Ohren,
in die von Zeit zu Zeit 

gehässiges Gelärme
aus Hungermäulern fand,
Er saß, von wegen der Wärme,
auf seiner rechten Hand,

mürrisch und schwergesäßig.
Er fühlte sich nicht mehr echt:
der Herr in ihm war mäßig,
und der Beischlaf war schlecht.